Woldemar
Herdt
Wurde
am 25 Dezember 1917 in Seelmann an der Wolga geboren.
Die
ersten Gedichte und Erzählungen wurden 1936 in der Pionier- und Jugendpresse
veröffentlicht.
Die
Nacht ist kalt und teuflisch lang.
Mich
friert es an den Füßen.
Auch
kommen noch die Wanzen an,
um
Bruderschaft zu schließen.
..Podjom!"
der Kommandant schon plärrt,
eh
Schlaf mich übermannte.
Aus
ird'nen Schüsseln wird verzehrt
im
Stehn die „Fischbalande".
Dann
zählt man uns zum Tor hinaus,
gleich
einer Herde Schafe.
Die
Tajga fühlt sich hier zu Haus:
Sie
liegt noch tief im Schlafe.
Vom
kalten Nordlicht schnell'n empor
durch's
Dunkel blanke Pfeile.
Verwundert
fällt ein Meteor,
schreibt
seine Abschiedszeile.
Wir
schreiten hin im Gänsemarsch
mit
Spaten und mit Picken.
Zwei
Wächter gehen uns voraus
und
einer folgt im Rücken.
Am
Bauobjekt gibt man uns kund
die
Arbeitsnorm der Taiga:
Drei
Kubikmeter Wintergrund
bedeutet
eine „Paika".
Wer
dieses Solls nicht mächtig ist,
hat
nichts ,,zu Haus" zu suchen.
Man
hebt dem ,,Lauskerl" und ,,Faschist"
den
Arbeitsmut mit Fluchen.
Die
ändern torkeln schon halb tot
zurück
in die Kolonne.
Hier
folgt das schwarze Abendbrot
Der
Menschen Trost und Wonne.
Im
Dämmerlicht der Handel haust
Mit
Tabak,Brot und Hölzern,
Rings
um die Lampen wird gelaust
In
Hosen und in Pelzen.
Neujahrsnacht
(1942—1943)
Tiefe
Stille liegt über dem Wald.
Von
dem Frost sind die Scheiben bemahlt.
Die
Baracke ist trostlos und kalt:
Blaues
Glühlicht das Elend bestrahlt
Neben
mir auf dem Bretterbett
ist
mein Freund aus dem Schlummer erwacht.
Dieses
elende Menschenskelett
wünscht
mir Glück in der Neujahrsnacht
Doch
wie liegt es so weit jetzt, so weit,
hinter
Bergen und endlosem Tann.
von
den Schrecken des Krieges verschneit
dort,
wo niemand sich hinwagen kann.
Doch
es kehrt einmal wieder zurück
mit
dem Frühling im Feldblumenkleid
wärmt
mit Hoffnung den trostlosen Blick,
bringt
uns endlich die Friedenszeit
Brief an die Geliebte
Mein
lieber Schatz, ich liege krank.
Das
Leben geht bergunter.
Der
Sanitäter schaut schon lang
nach
meinem Sachenplunder.
Die
Armbanduhr, dein lieb' Geschenk
vertauschte
ich für Pillen.
Verzeih,
wenn diese Tat dich kränk'.
um
unsrer Liebe Willen!
Ich
bin so arm. Zu diesem Brief
Fehlt
mir Papier und Tinte,
drum
schreib` ich diese Zeilen schief
auf
eine Birkenrinde
Ein
neuer Frühling zog ins Land
Er
brachte allen Frieden.
Den
Menschen ist nach schwerem Kampf
Ein
Wiedersehen beschieden.
Nur
du, mein leidgeprüftes Volk,
sollst
in Verbannung bleiben.
Man
zwingt uns mit der eignen Hand,
den
Akt zu unterschreiben.
♣
Der
Winter ist erbarmungslos:
bis
vierzig Grad die Fröste.
Schon
viele stehen fast halb bloß,
doch
schaffen wir aufs beste.
Die
Säge klingt im Tannenwald,
die
Bauten sich vermehren.
Der
Tod übt schreckliche Gewalt,
von
Frieden nichts zu hören.
Das
Heimatland in Not und Qual
braucht
Kohle, Holz und Eisen.
Wir
schürfen Erze, schmelzen Stahl
Und
legen Bahngeleise.
Daß
wir, die Deutschen, Feinde sind,
ist,
Stalin, eine Lüge.
Sogar
beim Sterben barmen sie:
„Mög'
doch die Heimat siegen!“
Die
liebe alte Wahrheit schwebt
mit
Bruno um die Erde.
Die
ewig junge Hoffnung lebt:
Bald
muß es anders werden!
Nordural 1942—43.